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#einfacherklärt: Was ist Pharmakovigilanz?

24. Januar 2022

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Im Vordergrund halten zwei Hände einen Medikamentenspender für eine Woche. Das Fach für Mittwoch ist geöffnet und eine Tablette wird entnommen. Im Hintergrund ist unscharf der Körper der Frau zu sehen, zu der die Hände gehören.

Wenn von Impfstoffen und Arzneimitteln die Rede ist, wird oft über Pharmakovigilanz – zu Deutsch Arzneimittelsicherheit – gesprochen. Aber was genau ist das und wie funktioniert der Prozess dahinter? Wir haben Guy Demol, Experte für Arzneimittelsicherheit bei MSD, dazu befragt.

Lieber Guy, was genau ist Pharmakovigilanz?

Arzneimittel und Impfstoffe haben die Prävention und Behandlung von Krankheiten verändert. Insbesondere Impfstoffe haben dazu beigetragen, dass potenziell schwerwiegende oder sogar tödliche Infektionskrankheiten entweder fast ausgerottet (z. B. Poliomyelitis, auch bekannt als Kinderlähmung) oder stark reduziert (z. B. Masern) werden konnten. Doch neben ihrem Nutzen können Arzneimittel und Impfstoffe auch Nebenwirkungen – auch unerwünschte Wirkungen genannt – haben.

Pharmakovigilanz ist die Wissenschaft bzw. sind die Aktivitäten zur Erkennung, Bewertung, zum Verständnis und zur Vorbeugung von unerwünschten Wirkungen oder anderen Problemen im Zusammenhang mit Arzneimitteln.

Alle Impfstoffe – oder jedes andere Arzneimittel – werden in klinischen Studien streng auf ihre Sicherheit und Wirksamkeit geprüft, bevor sie von Gesundheitsbehörden wie der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zur Verwendung zugelassen werden. Obwohl Impfstoffe in der Regel an Tausenden von Personen untersucht werden, bevor eine solche Zulassung erfolgt, können einige Nebenwirkungen sehr selten sein und daher in klinischen Studien nicht entdeckt werden. Sie treten erst dann auf, wenn Millionen von Menschen geimpft werden. Über die Pharmakovigilanz wird die Sicherheit von Impfstoffen überwacht, während sie in der klinischen Routine verwendet werden, und sie ermöglicht es, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um jedes festgestellte Risiko zu minimieren.

Wie funktioniert der Prozess der Arzneimittelsicherheit?

Sowohl die Pharmaunternehmen als auch die Gesundheitsbehörden verfügen über umfassende Systeme zur Sicherheitsüberwachung und zum Risikomanagement. Diese Systeme stellen sicher, dass Gesundheitsdienstleister und Impflinge oder Patienten mögliche Nebenwirkungen entweder telefonisch oder auf anderem elektronischem Wege melden können. Zusätzlich zu solchen spontan gemeldeten möglichen Nebenwirkungen werden für viele (neue) Impfstoffe nach der Zulassung groß angelegte Studien durchgeführt. Dies ermöglicht eine weitere systematische Untersuchung der Sicherheit in einer großen Population unter realen Bedingungen.

Alle Berichte aus diesen verschiedenen Quellen werden in Datenbanken gesammelt, geprüft und einzeln und in ihrer Gesamtheit bewertet. Zeigen sich bei solchen Analysen ungewöhnliche Wirkungen, schauen die Experten noch genauer hin. Dies kann dazu führen, dass notwendige Maßnahmen eingeleitet werden, z. B. die Information von Ärzten und Patienten über Risikofaktoren für bestimmte Nebenwirkungen oder die Änderung der Art und Weise, wie und für wen das Medikament verschrieben oder der Impfstoff verabreicht wird.

Viele klare und zuverlässige Informationen zur Pharmakovigilanz gibt es auf der Website der EMA und von Organisationen des öffentlichen Gesundheitswesens wie der WHO.

Und wie sind die Pharmaunternehmen in die Pharmakovigilanz eingebunden?

Pharmazeutische Unternehmen verfügen über eine große Anzahl von Sicherheitsdaten zu ihren Produkten. Ursprünglich stammen diese Daten aus den klinischen Studien, die zur Bewertung der Wirksamkeit und Sicherheit des Arzneimittels durchgeführt werden. Diese Studien bilden in der Regel die Grundlage für die Gesundheitsbehörden, um das Produkt für den Einsatz in größerem Maßstab zuzulassen. Diese Daten werden auch nach der Zulassung des Arzneimittels kontinuierlich ergänzt. Die Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, ein umfassendes System zur Sicherheitsüberwachung und zum Risikomanagement einzurichten. Ein solches System wird von geschultem Fachpersonal in den Ländern und in der Zentrale betrieben. Dadurch wird sichergestellt, dass Gesundheitsdienstleister und Patienten oder Impflinge mögliche Nebenwirkungen in ihrer eigenen Sprache melden können. Diese Meldungen und die Meldungen aus groß angelegten Studien, die nach der Zulassung des Produkts durchgeführt werden, werden gesammelt, analysiert und den Gesundheitsbehörden rasch gemeldet. Auf der Grundlage dieser Analysen leiten die Unternehmen in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden die erforderlichen Maßnahmen zur Risikominimierung ein.

Wie wird sichergestellt, dass alle Nebenwirkungen gemeldet werden?

In der Packungsbeilage finden Sie Kontaktinformationen, um mögliche Nebenwirkungen zu melden. Auch auf den Websites der Pharmaunternehmen und Gesundheitsbehörden finden sich entsprechende Informationen. In mehreren Ländern werden benutzerfreundliche Apps eingesetzt, um die Meldung mit einem Smartphone zu erleichtern. Mit all diesen Mitteln wird die spontane Meldung möglicher Nebenwirkungen gefördert.

Wie haben Innovationen die Pharmakovigilanz verbessert?

Im Laufe der Jahre haben verschiedene Neuheiten die Arzneimittelsicherheit verbessert: einerseits technologische und methodische Innovationen und andererseits Verbesserungen der rechtlichen Anforderungen und der von Gesundheitsbehörden und öffentlichen Gesundheitsorganisationen herausgegebenen Leitlinien. Technologische Innovationen sind beispielsweise Apps für mobile Geräte, die eine schnelle und einfache Meldung von Nebenwirkungen ermöglichen. Im Laufe der Jahre haben sich auch neue methodische Aspekte der Datenanalyse (z. B. statistische Methoden) und innovative Studiendesigns zur Durchführung von Real-Life-Studien entwickelt.

Die Nutzung von Daten, die zu anderen Zwecken erfasst wurden (manchmal auch als “Big Data” bezeichnet, z. B. Register von Patienten mit einer bestimmten Krankheit oder Krankenversicherungsdaten), hat Mittel zur Untersuchung der Sicherheitsprofile von Arzneimitteln und Impfstoffen bereitgestellt. Und schließlich hat auch die Einführung einer soliden Rechtsgrundlage und detaillierter Leitlinien durch nationale und supranationale (EU-) Behörden dazu beigetragen, die Pharmakovigilanz voranzubringen.

Guy Demol

Guy Demol

Was wir als MSD in Deutschland außerdem für die Patientensicherheit tun, erfahrt ihr hier.

Ihr Kontakt

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

Charlotte Gerling
Sen. Specialist Corporate Communications

+49 89 45 612 093

charlotte.gerling@msd.de